Saal 5
Das Bild als Gebetbuch
Wir befinden uns in den vierziger Jahren des 15. Jahrhunderts, einer Epoche im Übergang vom Mittelalter zur frühen Neuzeit. Köln ist eine dicht besiedelte, laute und enge Großstadt. Neben dem unvollendeten Dom gibt es zwar zahllose Pfarr- und Stiftskirchen, doch erzeugt das zunehmende Selbstbewusstsein führender Schichten auch ein Bedürfnis nach exklusiver Religionsausübung abseits der gemeinschaftlichen Gottesdienste. Zur Unterstützung der individuellen geistlichen Meditation im privaten Raum entstehen illustrierte Gebetbüchlein und kleinformatige Andachtsbilder wie die in der Mitte des Raumes ausgestellte Tafel von Stefan Lochner.
Jüngste Untersuchungen haben gezeigt, dass es sich bei diesem Bild um den linken Flügel eines Diptychons handelt. Man konnte es wie ein Buch zusammenklappen. Wie sonst wäre die bemalte Rückseite zu erklären? Auf dem rechten Flügel, der leider verloren ist, befand sich wahrscheinlich das Bildnis des Auftraggebers, begleitet von seinem Schutzheiligen.
In diesem Raum befinden sich noch weitere kleine Tafeln, die Maler aus dem Umkreis Lochners geschaffen haben. Seine wichtigsten Vorläufer sind der Meister der heiligen Veronika und der Meister von St. Laurenz. Gemeinsam haben diese beiden Maler an der „Muttergottes mit der Wickenblüte“ gearbeitet. Die Goldhintergründe in den drei Tafeln dieses Triptychons wurden gleichzeitig von drei Handwerkern verziert: Offenbar musste es schnell gehen!