Saal 6
Stefan Lochner - eine fragile Identität
Als Albrecht Dürer sich 1520 zwei Wochen in Köln aufhielt, versäumte er es nicht, sich in den ersten Tagen gleich zwei Mal gegen Trinkgeld ein bestimmtes Kunstwerk zeigen zu lassen: „Ich hab 3 weißpfenning, item hab 2 weißpfenning geben von der taffel auff zusperren, die maister Steffan zu Cöln gemacht hat.“ Seit 1823 wurde dies auf den jetzt im Dom verwahrten „Altar der Stadtpatrone“ bezogen. Man identifizierte den von Dürer notierten „Meister Stefan“ mit dem in Kölner Dokumenten nachweisbaren Maler Stefan Lochner und versammelte durch stilistischen Vergleich um das »Dombild« ein ganzes Œuvre. Diese historische Konstruktion ist nicht mit letzter Sicherheit beweisbar, doch erscheint sie nach wie vor sehr plausibel. So bleibt der Name Stefan Lochner weltweit ein Synonym für die Qualität und Ausstrahlung der mittelalterlichen Kölner Malerei.
Es scheint, dass Lochner um 1400/1410 am Bodensee geboren wurde. Stärker als die dortige Malerei prägte ihn jedoch die Kunst der Niederländer. Den Naturalismus (Lebensechtheit) der flämischen Kunst verband er geschickt mit dem Liebreiz und der mystischen Beseeltheit der Kölner Malerei, etwa des Meisters der hl. Veronika. In Köln ist Lochner erstmals 1442 als Dekorationsmaler nachweisbar. Zwei Jahre später kaufte er unter erheblicher finanzieller Anstrengung zwei Häuser. Sie lagen an der Ecke Quatermarkt/In der Höhle, also nur einen Steinwurf vom heutigen Museum entfernt. Nachdem Lochner und seine Frau Lisbeth der schrecklichen Pestepidemie von 1451 zum Opfer gefallen waren, wurde das prächtige Doppelhaus Anfang 1452 einem Gläubiger überschrieben. Später lebten und arbeiteten dort noch andere Maler wie Bartholomäus Bruyn d. Ä.