Kreuz-Altar
um 1490-1495 | MEISTER DES BARTHOLOMÄUS ALTARS (tätig in den Niederlanden, um 1475 – 1510)
Das Altarbid als Augentäuschung
Die Mitteltafel dieses dreiteiligen Altarbildes (Triptychon) vermittelt
die Illusion geschnitzter Figuren. Überdies scheinen die bemalten
Skulpturen der Heiligen auch noch zum Leben erwacht. Die Auferstehung
Christi wird durch dieses raffinierte Spiel mit den Medien gleichsam vorweggenommen. Auf den Flügelaußenseiten setzt sich die Illusion fort: Auch die grau in grau bemalte Alltagsseite suggeriert Nischen mit eingestellten Skulpturen, die man sich aber aus Stein und unbemalt vorzustellen hat.
Die tiefsinnigen, teils auch humorvollen »Trompe-l’oeil«-Effekte
(Augentäuschungen) lassen auf einen optisch hoch gebildeten und
anspruchsvollen Auftraggeber schließen. Wie der Thomas-Altar entstand auch der Kreuz-Altar im Auftrag des Juristen Dr. Peter Rinck, der dieses Triptychon später einem Kölner Kloster des Kartäuserordens vermachte. Von vornherein mag er an diesen Bestimmungsort gedacht haben, denn die rechte Flügelinnenseite zeigt ein solches Kartäuserkloster. Im Hintergrund der linken Flügelinnenseite ist eine Flusslandschaft zu sehen, die das Jordantal und damit das Wirkungsfeld Johannes’ des Täufers (links vorne) meint.
Typisch für die außerordentliche Präzision des Malers ist die Wiedergabe
der dreisprachigen (hebräisch-griechisch-lateinischen) Kreuzesinschrift, die man gerade erst (1492) in Rom wiedergefunden zu haben glaubte. Die Textstellen, an denen diese Reliquie durch Substanzverlust gestört war, sind im Gemälde unauffällig verdeckt. Einen nachweislich falschen Buchstaben der »Originalinschrift« hat der Maler korrigiert. Da die Kreuzesinschrift letztlich ein juristisches Dokument war, war sie Peter Rinck wohl besonders wichtig.
Eichenholz, 107 x 80 cm (Mitteltafel), 107 x 34 cm (Flügel)
Erworben 1862 mit Mitteln des Richartz-Fonds
WRM 180
Einblicke in die restauratorischen und konservatorischen Maßnahmen
Als am 12. Mai 2014 Gerrit van Honthorsts großformatiges Gemälde „Anbetung der Hirten“ zur genaueren Prüfung des Erhaltungszustandes in die hauseigene Abteilung für Kunsttechnologie und Restaurierung gebracht wurde, kam mit einer ungeahnten Entdeckung ein Stein ins Rollen.
Zeigte sich doch am oberen Rand überraschender Weise ein ca. 12,5, cm hoher Streifen der bemalten Leinwand, der auf die Rückseite des Keilriemens umgeschlagen war.
Das Bildformat war also um ein beträchtliches Stück in der Höhe verkürzt worden.
Zustand des Gemäldes vor der Restaurierung im verkürzten Format mit ehemaligem Zierrahmen
Rückseite des Gemäldes mit sichtbarem Umschlag der bemalten Leinwand auf der Keilrahmenrückseite.
Rechts ein Detail mit erkennbarer Körperbindung des blau gestreiften Gewebes.
Zustand des Gemäldes im Originalformat nach der Restaurierung durch Robert Hieronymi im Jahr 1940.
Foto von 1946 mit erkennbaren Laufspuren aufgrund eines Wasserschadens.
Kartierung des blauen Streifenmusters und aller Maße der insgesamt drei Gewebeteile, aus denen sich der textile Bildträger zusammensetzt.
Detail aus: Jan Steen, Amnon und Thamar (WRM 2536) mit blau gestreifter Matratze, deren Muster der Leinwand von Honthorsts „Anbetung der Hirten“ gleicht.
Röntgenbild, Gesamtaufnahme.