Selbstbildnis im Kreise der Mantuaner Freunde
1602/1604 | PETER PAUL RUBENS (Siegen 1577 – 1640 Antwerpen)
Philosophisches Freundschaftsbild
Rubens erstes bekanntes Selbstbildnis. Mit dem Blick über die Schulter – Ausdruck einer lebendigen Momentaufnahme und Symbol des künstlerischen Genies zugleich – lädt uns der Maler in einen noblen Herrenkreis. Der Ponte di San Giorgio, der in der Bildmitte in den Hintergrund führt, verrät den Ort der Begegnung: Der Palazzo Ducale im oberitalienischen Mantua, wohin der 23 Jahre junge Maler an den Hof von Herzog Vincenzo I Gonzaga berufen worden war. Leider sind bis heute nur zwei der übrigen Dargestellten eindeutig identifiziert. Links hinter Rubens steht sein Bruder Philip, dem er eng verbunden war. Rechts erscheint im Profil der gemeinsame Lehrer und Mentor Justus Lipsius, ein führender Philosoph aus Löwen. Dessen neostoizistische Überzeugung bot inmitten der damaligen politisch-religiösen Konflikte eine überkonfessionelle moralisch-ethische Orientierung und sollte zeitlebens für Rubens verbindlich bleiben.
Lipsius war jedoch selbst nie in Mantua. Offenbar stellt Rubens also keine tatsächliche, sondern eine geistige Gemeinschaft dar. Hierfür sprechen auch die unterschiedlichen Blickrichtungen der Herren, die auffallend beziehungslos zueinander erscheinen – sieht man von der freundschaftlichen Geste ab, mit der sein Gegenüber die Hand auf Rubens Arm legt. Lange erblickte man in dieser Person den Mantuaner Hofmaler Frans Pourbus II, andere vermuten in ihm den Astronomen Galileo Galilei. Auch der abendliche Himmel passt zu dem intellektuellen Zirkel. Galt doch die Nacht als bevorzugte Zeit für Studium und Kontemplation. Der junge Rubens zeigt sich stolz und voller Esprit inmitten dieser intellektuellen Runde. Ein gemaltes Freundschaftsalbum?
Öl auf Leinwand, 77,5 x 101 cm
Leihgabe der Bundesrepublik Deutschland, 1961
WRM Dep. 248
Einblicke in die restauratorischen und konservatorischen Maßnahmen
Als am 12. Mai 2014 Gerrit van Honthorsts großformatiges Gemälde „Anbetung der Hirten“ zur genaueren Prüfung des Erhaltungszustandes in die hauseigene Abteilung für Kunsttechnologie und Restaurierung gebracht wurde, kam mit einer ungeahnten Entdeckung ein Stein ins Rollen.
Zeigte sich doch am oberen Rand überraschender Weise ein ca. 12,5, cm hoher Streifen der bemalten Leinwand, der auf die Rückseite des Keilriemens umgeschlagen war.
Das Bildformat war also um ein beträchtliches Stück in der Höhe verkürzt worden.
Zustand des Gemäldes vor der Restaurierung im verkürzten Format mit ehemaligem Zierrahmen
Rückseite des Gemäldes mit sichtbarem Umschlag der bemalten Leinwand auf der Keilrahmenrückseite.
Rechts ein Detail mit erkennbarer Körperbindung des blau gestreiften Gewebes.
Zustand des Gemäldes im Originalformat nach der Restaurierung durch Robert Hieronymi im Jahr 1940.
Foto von 1946 mit erkennbaren Laufspuren aufgrund eines Wasserschadens.
Kartierung des blauen Streifenmusters und aller Maße der insgesamt drei Gewebeteile, aus denen sich der textile Bildträger zusammensetzt.
Detail aus: Jan Steen, Amnon und Thamar (WRM 2536) mit blau gestreifter Matratze, deren Muster der Leinwand von Honthorsts „Anbetung der Hirten“ gleicht.
Röntgenbild, Gesamtaufnahme.