Spargelstillleben
1880 | ÉDOUARD MANET (Paris 1832 – 1883 Paris)
Von der Bedeutungslosigkeit des Bildgegenstandes
Man könnte ihn hören, den Spargel auf seinem grünen Blätterbett, wenn die Stangen aneinander gerieben würden. Denn er ist frisch und offensichtlich gerade gestochen worden. So kommt er in die Küche, durch zwei Weidenruten gebündelt, liegt auf dem Tisch und harrt der weiteren Verarbeitung. Vorher aber hat Manet ihn noch schnell verewigt.
Stillleben hat Manet stets als Fingerübung betrachtet. Immer waren sie ganz schlicht in ihrem Aufbau und weit entfernt etwa von den komplizierten und prachtverliebten Arrangements der Flamen und Holländer des 17. Jahrhunderts. Ein angeschnittener Schinken auf einem Teller mit davorliegendem Messer, eine einzelne Melone, drei Äpfel oder vier Mandarinen genügten ihm schon für ein Bild. In der Stillleben-Kunst war er kein Spezialist, denn hauptsächlich war er Figurenmaler. Aber natürlich war er auch hier wie stets virtuos. Das Wenige und Geringe des Bildgegenstands wird unter seinen Händen zu einer farblichen Kostbarkeit. Denn die Spargelstangen sind gar nicht genau nach der Natur gemalt, sondern aus einer Vielzahl verschiedener gelblich-weißer Töne zusammengesetzt. Auch finden sich wenige violette Farbstreifen beigemischt. Diese Streifen leiten zu der ebenso subtilen Farbgebung der blauvioletten, mit Grün versetzten Spargelköpfe über. Die Blätter der Unterlage weisen Grüntöne aller Schattierungen auf, von hellen, gelbgrünen bis zu schweren, blaugrünen Farbnuancen. Die Tischfläche schließlich, die man sich, wie in alten Küchen die Möbel, mit weißlicher Ölfarbe gestrichen vorzustellen hat, weist wiederum eine ganze Palette weißgrauer Töne auf, die mit dem violetten Widerschein der Spargelköpfe gemischt ist. Farbsetzungen gehörten offensichtlich zu Manets besonderen Begabungen.
Öl auf Leinwand, 46 × 55 cm
Leihgabe Kuratorium und Förderergesellschaft Wallraf-Richartz-Museum/Museum Ludwig e.V., mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen und der Stadt Köln
WRM Dep. 318
Einblicke in die restauratorischen und konservatorischen Maßnahmen
Als am 12. Mai 2014 Gerrit van Honthorsts großformatiges Gemälde „Anbetung der Hirten“ zur genaueren Prüfung des Erhaltungszustandes in die hauseigene Abteilung für Kunsttechnologie und Restaurierung gebracht wurde, kam mit einer ungeahnten Entdeckung ein Stein ins Rollen.
Zeigte sich doch am oberen Rand überraschender Weise ein ca. 12,5, cm hoher Streifen der bemalten Leinwand, der auf die Rückseite des Keilriemens umgeschlagen war.
Das Bildformat war also um ein beträchtliches Stück in der Höhe verkürzt worden.
Zustand des Gemäldes vor der Restaurierung im verkürzten Format mit ehemaligem Zierrahmen
Rückseite des Gemäldes mit sichtbarem Umschlag der bemalten Leinwand auf der Keilrahmenrückseite.
Rechts ein Detail mit erkennbarer Körperbindung des blau gestreiften Gewebes.
Zustand des Gemäldes im Originalformat nach der Restaurierung durch Robert Hieronymi im Jahr 1940.
Foto von 1946 mit erkennbaren Laufspuren aufgrund eines Wasserschadens.
Kartierung des blauen Streifenmusters und aller Maße der insgesamt drei Gewebeteile, aus denen sich der textile Bildträger zusammensetzt.
Detail aus: Jan Steen, Amnon und Thamar (WRM 2536) mit blau gestreifter Matratze, deren Muster der Leinwand von Honthorsts „Anbetung der Hirten“ gleicht.
Röntgenbild, Gesamtaufnahme.